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Clemens Krauss
typonomics - Wiederbenennung des Grazer Hauptplatzes
2003
Hauptplatz   |   Hauptplatz 10

Diskussion Aktion Intervention

Copyright: Clemens Krauss

Der Grazer Hauptplatz – als eines der wichtigen Zentren der Stadt – wurde im Rahmen des europäischen Kulturhauptstadtjahres 2003 vollständig neu gestaltet, seine Bestimmung im Stadtkern neu definiert. Im Zusammenhang mit der strukturellen Neugestaltung und der Diskussion der Rolle des Platzes blieb eine wesentliche Frage bis zuletzt unbeantwortet: Ist die Bezeichnung Hauptplatz für einen wichtigen Platz im Stadtzentrum einer Kulturstadt noch adäquat?
Die Behandlung dieser Frage erfordert eine Reihe von Untersuchungen über die Bedeutung eines Namens für einen Platz, die Bedeutung des Platzes im sozialen und kulturellen Kontext selbst, die historische Entwicklung, sowie eine Vielzahl von Faktoren, die speziell für den Grazer Hauptplatz in der Gegenwart und der Zukunft eine wichtige Rolle spielen.
toponymics versucht mit der Methode des Diskurses über einen Namen vor allem eine differente Sichtweise auf den Platz und die bedeutende Grazer Innenstadt zu ermöglichen. Namen dienen nicht nur der Identifikation und Abgrenzung, sondern ermöglichen insbesondere Einblicke und Ausblicke auf Vergangenheit und Zukunft historischer Stätten. Speziell der Grazer Hauptplatz weist eine wechselhafte Geschichte auf.
Es hat sich gezeigt, dass über die Diskussion um die Bedeutung eines Platznamens das gesamte Feld jener historischen sowie visionären Dimension zum Ausdruck kommt.
So hat sich das Projekt toponymics im Laufe des Europäischen Kulturhauptstadtjahres 2003 über mehrere Veranstaltungen und Aktionen entwickelt und soll auch über das Jahr hinaus als denkmöglicher Gegenstand existieren. Teilnahme und Diskussionsbeiträge der interessierten Bevölkerung sowie involvierter Experten sind dabei die allein bestimmende Größe.
Veranschaulichende Aktionen wie die temporäre Umbenennung in ein bürgerlich-historisches Namensvorschlagsmodell „Am Johann“ (welches somit ebenso realistisch wie absurd ist) erweitern das diskursive Feld, werfen aber auch gleichzeitig neue Fragen auf.
Wesentlich ist, dass eine definitive Umbenennung des Platzes niemals ein vorrangiges Ziel ist, aber da im Verhältnis zur Dauer des Bestehens des Platzes die Bezeichnung Hauptplatz erst für einen relativ kurzen Zeitraum in Gebrauch ist, ist die Frage nach einer theoretischen Wiederbenennung in diesem Zusammenhang prinzipiell zu stellen. Zudem besteht mit der Formulierung eines Namens auch die Chance auf die Schaffung eines Identifikationsmomentes für eine Stadt.
Das Projektes toponymics soll demnach nicht nur die Möglichkeiten einer Wiederbenennungsidee ausloten, sondern auf die genannten Probleme eingehen und durch Einbeziehung des interessierten Bürgers vor allem auch die kulturell eingeübte passive Betrachterhaltung in Frage stellen; der positive Geist in Graz im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres hat eine diesbezügliche offene Auseinandersetzung zugelassen.
Zahlreiche interessante Beiträge – etwa von Historikern, Kunsttheoretikern oder Stadtplanern – aber auch Reaktionen und Kritiken der Bevölkerung konnten im toponymics-Archiv (Texte, Fotos, Videos, Objekte), welches nunmehr im Grazer Stadtmuseum zur Einsicht aufliegt, gesammelt werden.

Clemens Krauss