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Wolfgang Temmel
Rampe - Objekt im öffentlichen Raum für die Öffentlichkeit
1981 - 1983
vor dem Künstlerhaus   |   Burgring 4

Installation einer Rampe als behindertengerechter Zugang zum Künstlerhaus

In einer unangemeldeten, nächtlichen Aktion stellt Wolfgang Temmel 1981 eine 17 Meter lange, rostrote Rampe als Behindertenaufgang vor dem Künstlerhaus auf. Mit der spektakulären Installation – nicht von ungefähr im Jahr der Behinderten - macht der Künstler darauf aufmerksam, dass es bislang versäumt wurde das Künstlerhaus auch für Rollstuhlfahrer zu einem öffentlichen Raum zu machen. Nach dem Motto „Nicht die Behinderung behindert den Behinderten, sondern die Gesellschaft“ errichtet Temmel die Rampe als gesellschaftskritisches Zeichen und soziale Plastik. Im Vordergrund stehen in der Gestaltung der Rampe nicht ästhetische, sondern praktische Aspekte - die Funktion der Rampe die Stufen zu überbrücken steht im Mittelpunkt. Dennoch entfaltet die Rampe optische Qualitäten, indem sie die Eingangsituation des Künstlerhauses veränderte.
Die Initiative zur Aufstellung der Rampe geht auf den Künstler selbst zurück, nur die Kosten von 60.000 Schilling übernimmt die Galerie H (Humanic). Mit der Installation testet Temmel die politische Toleranz für eigenverantwortliches Handeln und Zeichen Setzen im öffentlichen Raum aus.
Wie zu erwarten war, lassen Reaktionen auf die Aufstellung der Rampe nicht lange auf sich warten und fallen – anfangs – erstaunlich positiv aus. In allen Zeitungen ist von der Aktion zu lesen. Politiker der Stadt und des Landes wie der (damalige) Stadtrat Edegger und der Kulturlandesrat Jungwirth gestehen Versäumnisse in der behindertengerechten Gestaltung des öffentlichen Raums ein und stimmen dem einstweiligen Verbleib der Rampe – laut Edegger als „Mahnmal“ – zu.
1982 wird die Installation bei einem Wettbewerb für den Förderungspreises des Landes für zeitgenössische Kunst mit dem Förderungspreis des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst ausgezeichnet. Trotz dieser Würdigung als wertvolle künstlerische Zeichensetzung wird die Rampe 1983 – ebenfalls in einer Nacht- und Nebelaktion – abmontiert, ohne dass der Künstler im vorhinein davon in Kenntnis gesetzt wird. Im Auftrag von Kulturlandesrat Jungwirth wird die Rampe mit der Begründung der Verletzungsgefahr für Kinder und ihrer seltenen Nutzung entfernt. Besonders eigenartig, da doch die Landesregierung in einer Sitzung vom 7. März 1983 noch feststellt: „damit einverstanden zu sein, daß die vor dem Künstlerhaus aufgestellte Rampe weiterhin aufgestellt bleibt.“ Als Ersatz wird ein Behinderteneingang abseits an der Apsis angebracht, mit einer Glocke mit der man um Hilfe läuten kann. Eben das beraubt gehbehinderte Menschen aber wieder ihrer Selbstständigkeit, das Gebäude ohne Hilfe betreten zu können.
Dieses Vorgehen zieht eine Auseinandersetzung nach sich, die auch heute noch, zwanzig Jahre danach, aktuell ist. Anlässlich der von Wolfgang Temmel initiierten Ausstellung ‚sinnlos’ im Rahmen des Kulturhauptstadtjahres 2003 besteht Temmel auf der Rückgabe der Installation, um herauszufinden, dass diese im Landesarchiv bis zur Unbenutzbarkeit verrostet ist. Die ‚Rampe’ ist ein besonders schillerndes Beispiel dafür, wie sehr Kunst im öffentlichen Raum in Gefahr ist in die Mühlen der Bürokratie zu geraten.

EM