Alien Production
Embedded Systems
1997
Kastner & Öhler   |   Sackstraße 7-13
Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum / steirischer herbst : 2000-3 Art Space plus Interface

Installation mit Haushaltsgeräten, Licht- und Tonanlage, steuerbar über Internetverbindung

Die von Sodomka/Breindl/Math unter der Produktionsfirma Alien Productions veröffentlichte Arbeit mit dem Titel „Embedded Systems“ stellte ein komplexes Netzwerk aus technologisch geprägten Alltagsrealitäten in Objektform, aus dem interaktiven Web-Raum, aus der Kapazität von Programmiersprachen und deren einerseits räumlich erfahrbaren, andererseits von den Steuerungselementen aus betrachtet ausgelagerten Raumsituation her. Konzentriert wurde dieses ineinandergreifende, von unterschiedlichen Vektoren bestimmte neue Raumsystem auf die Intelligenz trivialer Alltagsgegenstände, die wir täglich, vor allem im Haushalt, verwenden und in einem Innenstadt-Kaufhaus Kastner + Öhler erwerben können. Eine Nähmaschine, ein Küchenblock mit den üblichen Gerätschaften, Licht- und Tonanlagen wurden über die eingebauten Chips neu programmiert. Das Team ging von der Tatsache aus, dass die in den Chips angelegte Intelligenz in der tatsächlich ausgeführten Tätigkeit bei weitem nicht voll ausgereizt ist. Die neue, weitaus umfangreicher einsetzbare Programmiersprache „Java“ sollte dem Abhilfe verschaffen. Alien Productions hat zwei unterschiedliche Setups aufgebaut: Einmal die erweiterte Programmierung der Geräte, die sie aus ihrem standardisierten Gebrauch befreit, ihnen neue ungewöhnliche Funktionen zuordnet und sie auf ihrer Intelligenzebene, der elektronischen, untereinander vernetzt. Zum anderen die Übertragung dieses symphonisch entwickelten Steuerungssystems ins Internet, wo ein Eingriff in die einmal festgelegte Partitur möglich war. Die Betrachtung der Installation war demnach in zwei Raumbereiche aufgesplittet worden: in den einen am Ausstellungsort selbst und in den anderen im Internet, also in einen realen, vor Ort einsehbaren, aber nicht steuerbaren, und in einen virtuellen, nicht einsehbaren, aber interaktiv gestaltbaren Bereich. „Embedded Systems“ stellte sich als eine Realfiktion heraus, die eine Netzwerksituation inszeniert, in der viele Einzelintelligenzen kommunikativ interagieren. Der Internet-User ist dabei keine über-, sondern eine gleichgeordnete Intelligenz. Er bewirkt in etwa gleich viel, wie die Waschmaschine oder der TV-Apparat. Er befindet sich in eben dieser Realität. Ganz im Gegensatz zum Besucher der realen Installation, der dieser Realität nur ausgesetzt ist. Obwohl physisch präsent, ist er der einzige, der außerhalb der kommunikativen Möglichkeiten bleibt und somit außerhalb der Wirklichkeit. Nicht Zugriff zu haben auf das Informations- und Datennetz bedeutet, von der Realität ausgeschlossen zu sein. Man kann Vorgänge zwar beobachten, diese aber nicht beeinflussen. In der ständig umfangreicher und vielschichtiger mediatisierten Welt stellt der Zugang zu Informationsstrukturen und Nachrichtenübermittlungen den entscheidenden Faktor des Raumerlebnisses und der Partizipation an der Formatierung unserer heutigen Räume dar. Alien Productions hat solche Formatierungen in einem lustvollen und spektakulären Spiel aufgezeigt. Ihre Nachrichten sind Nachrichten über Systeme, die im angewandten Modus ihr Alltagsgesicht zeigen (können). Die praktischen Erfindungen, die in Versandhauskatalogen als Erleichterung der Organisation des täglichen Lebens angepriesen werden und im wesentlichen auf geschickter „erfinderischer“ Ausnutzung des enormen elektronischen und digitalen Potentials basieren, bildeten einen aus der Praxis gegriffenen Auslösefaktor.

WF (CD-ROM 2000-3)