Nana
Petzet
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Die deutsche Künstlerin Nana Petzet arbeitet im sensiblen Raum der Ökologie.Sie verzichtet auf die, wenn auch noch so naturalistisch vorgenommene, symbolische Darstellung von ökologischen Problemen, sie klinkte sich mit ihrem Beitrag „DSD oder SBF-System?“ in ein bestehendes - in Deutschland und Österreich ähnliches - Abfallverwertungskonzept ein und stellt dabei das offizielle System ihrem eigenen gegenüber. Ort der konkreten Handlung: Das Warenhaus, in dem der Besucher/Konsument auf dem Weg zur künstlerischen Arbeit bereits hunderte Verpackungen der komplexesten Art passiert hat. Das „Duale System Deutschland (DSD)“, gegründet 1990 von Unternehmen aus Handel-, Konsumgüter- und Verpackungsindustrie, ist die Antwort der Privatwirtschaft auf die drängenden „Entsorgungsprobleme“, die nicht mehr allein von Staat und Kommunen bewältigt werden können.
Petzet resümiert, dass das, was im DSD „Recycling“ genannt und der Bevölkerung in einem Werbespot als Verwandlung in die strahlende Prinzessin serviert wird, nichts anderes sei als die technisch und energetisch ungeheuer aufwendige Verwandlung eines hochwertigen Produkts in ein Produkt mit wesentlich schlechteren Eigenschaften (werkstoffliches Recycling) oder die Rückführung eines Materials mit Hilfe von umweltschädlichen chemischen Verfahren in einen seiner Ausgangsstoffe (rohstoffliches Recycling). Selbst wenn die Schwachstellen von DSD durch technologische Innovationen verringert werden können, bleibe das grundsätzliche Problem, nämlich das der Haltung des Verbrauchers. Nachdem sich das Entsorgungsproblem dem direkten Umfeld des Verursachers entzieht, könne die Folgerung daraus nur heißen: „So weiter wie bisher“ - schließlich haben wir die Abfallverwertung im Griff.
Mit dem SBF(Sammeln, Bewahren, Forschen)-System kann die Eigenverantwortung von VerbraucherInnen aktiviert werden, da bereits eine Reihe von Patenten erfunden wurde, die die werkstoffbewahrende Verwertung garantieren können. Vor allem die Reduzierung des Energieverlustes auf Null stellt sich beim SBF-System als der größte Vorteil heraus. Das Abfallmaterial wird ohne Einsatz von Technologie durch Menschenhand zu Papierkörben, Fußabstreifern oder Hüten usw. weiterverarbeitet. Besonders interessant an dieser Methode scheint, paradigmatisch für die Raumsegmente des Alltags, die unmittelbare Gegenüberstellung tatsächlich praktizierter Systeme zu sein. Wir sind in unserer Betrachtung des Raumes und der künstlerischen Positionen im Raum schon mehrmals auf die Realität zweiter Ordnung gestoßen, die ein Beobachten des Raumes heute nicht mehr allgemein, sondern segmentiert und von verschiedenen Systemen bestimmt, zuläßt. Petzet spricht nun konsequent sowohl auf der einen als auch auf der anderen Seite diese Systematisierung an. Sie scheut sich nicht, dem einen der Systeme den Vorzug zu geben und auf einer visuell standardisierten Ebene dafür Werbung zu machen. Neben einer wahren Flut von Gegenständen, die sie auf und mit den Einrichtungen des Kaufhauses präsentierte, wohl auch, um sie konkret in den Konsumkreislauf zu integrieren, zeigte Petzet in einem klassischen Demonstrationsvideo, in seiner Ästhetik bewusst angelehnt an die Heimwerker-Videos der Baumärkte, den Werdegang gebrauchter Milchpackungen - um ein Beispiel herauszugreifen - von der Dekonstruktion in Streifen bis zur funktionstüchtigen Konstruktion eines Fußabstreifers. Mit „Sammeln, Bewahren, Forschen“ spielt das von ihr unterstützte System der Abfallverwertung auch auf die drei traditionellen Grundpfeiler des Museums, also des Raumes, in dem unter anderem auch Kunst in ihrer höchsten Qualität präsentiert und wissenschaftlich bearbeitet wird, an. So erweitert sie den Kreislaufgedanken um die Definition eines der wichtigsten Kunsträume, sodass sich hier Kunst wie von selbst im Zusammenhang mit der geistigen Weiterverarbeitung vorhandener Realitätselemente wieder findet.
WF (CD-ROM 2000-3)