Christoph Schlingensief
Chance 2000 für Graz
1998
Stadtgebiet
steirischer herbst

Performance

Christoph Schlingensief erklärt Graz zur Sandlerhochburg, in die Obdachlose aus allen Winkeln Europas strömen sollen. Rund um die Mariensäule sind acht Pfähle aufgestellt, auf denen die Sandler ein Wettsitzen veranstalten - wer am Längsten ausharrt, dem winkt ein Preisgeld von 70.000 Schilling. Jeden Tag pünktlich um 17.30 lässt Schlingensief zudem einen Geldregen von 7000 Schilling in 20-Schilling Scheinen auf die Passanten regnen, die sich auch prompt unter den Augen der um die Wette sitzenden Sandler auf die Scheine stürzen.
Schon die Ankündigung der Aktion von Schlingensief schreckt rechtskonservative Politiker auf. Die FPÖ fordert die Streichung des Programmpunktes, in dem Peter Weinmeister eine „Verhöhnung der Sorgen der Grazer Bevölkerung“[1] sieht. Indem die FPÖ 10.000 Unterschriften gegen die Veranstaltung sammelt, reagiert sie mit medialer Unterstützung der Kronenzeitung wie auf Kommando und trägt ihren Teil zur Inszenierung bei. Schlingensief setzt der Konfrontation dann die Krone auf und lässt die FPÖ-Parteimitglieder empört nach Luft schnappen, indem er medienwirksam ankündigen lässt die Parteizentrale am Griesplatz besetzen zu wollen. Doch mit dem Einsatz von zwölf Polizisten wird dieses Vorhaben vereitelt. Uwe Mattheis spricht in der Süddeutschen Zeitung von der „verläßlichen Dummheit der österreichischen Rechten.“, die Schlingensief gekonnt in seine Inszenierungen einzubauen weiß.

[1] aus dem Programmheft des steirischen herbst, 1998


EM