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Projektübersicht


Projekt

Bezugspunkte 38/88


Veranstalter

» steirischer herbst


1988 feiert der steirische herbst unter dem damaligen Intendaten Peter Vujica sein 20-jähriges Jubiläum. Das Motto des Festivals lautet „Schuld und Unschuld der Kunst“, in Bezug auf die 50 Jahre, die seit dem Anschluss Österreichs an Hitler-Deutschland vergangen sind. Werner Fenz wird mit der Konzeption einer Ausstellung zu diesem Thema beauftragt. Unter dem Titel „Bezugspunkte 38/88“ definiert er die künstlerische Beschäftigung mit der Vergangenheit „als Blick zurück mit dem Bewusstsein des Heute.“[1] Der öffentliche Raum, überfrachtet von der alltäglichen Bilderflut, soll als geistiger Handlungsraum künstlerisch wiederbesetzt werden. Sechzehn internationale Künstler setzen sich mit geschichtsträchtigen Orten der Stadt Graz auseinander und präsentieren ihre Eingriffe in das städtische Gefüge, nachdem sie sich selbst vor Ort ein Bild des politischen Klimas der Stadt machen konnten.
Alle für die Künstler zur Auswahl stehenden Orte waren von den Nationalsozialisten ideologisch besetzt gewesen. Die konkrete Vergangenheit der Orte und ihre ideologische Funktion werden ins Gedächtnis gerufen und zur künstlerischen Auseinandersetzung frei gegeben. 50 Jahre nach dem Anschluss wird an Schlüsselposition der Stadt Fragen neu gestellt: Welche Rolle spielt die Geschichte in der Gegenwart? Welcher Raum wird der schmerzlichen Auseinandersetzung mit ihr zugestanden? Welchen Beitrag zur Vergangenheitsbewältigung kann die Kunst leisten?
Graz erlangte unter dem NS-Regime den Titel „Stadt der Volkserhebung“, da schon früh nationalsozialistisches Gedankengut im Bewusstsein der Grazer Fuß fassen konnte.
Die Auseinandersetzung mit der NS-Geschichte allein stellt ein Reizthema dar, eine zeitgenössische künstlerische Auseinandersetzung mit historischem Bezug an „neuralgischen“ Punkten der Stadt ist beinahe vorprogrammiert Unmut zu erregen. Bis auf die Österreichischen Bundesbahnen, die das Projekt von Peter Baren am Hauptbahnhof verhindern, können die Genehmigungen erstaunlicherweise problemlos durchgesetzt und die Projekte trotz knappen Budgets verwirklicht werden.
Mit dem Auftritt der Kunstwerke im öffentlichen Raum folgen teils heftige Reaktionen der Bevölkerung auf den Fuß - verjährt, vergangen, vergessen, vergeben?

Zwei Arbeiten enden aus unterschiedlichen Gründen vor Ausstellungsschluss.
Das Projekt von Bill Fontana, eine Soundinstallation am Schloßberg lässt Audioaufnahmen von Nebelhörnern und Balzlaute von Vögeln auf die Innenstadt hallen, muss vorzeitig aufgrund der von Anrainern als störend empfundenen Lautstärke abgeschaltet werden.
Das erschütterndste Ereignis im Lauf der Ausstellung ist der Brandanschlag auf das Mahnmal von Hans Haacke von Neonazis. Auch wenn in diesem Fall die Täter ausgeforscht und sogar wegen Wiederbetätigung verurteilt werden, zeigen die Reaktionen auf Haackes Werk wie schwer es ist offene Schuld einzugestehen.


[1] Werner Fenz, Ausstellungsprotokolle, in: Bezugspunkte 38/88, hrsg. von steirischer herbst, Graz 1988, S. 169.





EM


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