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Die Gruppe RAM und ihr Kunstbausatz
(Bild)Künstlerische Positionen sind in den LICHTUNGEN üblicherweise als Kunstteil in die Literatur, auf die visuelle Oberfläche bezogen in die Textur der Schriftzeichen, eingebettet. Das nützt RAM, eine Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern, die sich nicht nur selbst verwirklicht, sondern auch immer wieder den Dienst leistet, die Kunstwerke anderer aufzubauen, umzusetzen, im
Präsentationsraum zu ermöglichen, um Schnittstellen auszubilden und an ihnen Bewertungsmechanismen, Verfahren der Herstellung oder die Behauptung, was denn eigentlich ein
Original sei, zu reflektieren. Ein ambitioniertes, jedoch zum Scheitern verurteiltes Unternehmen könnte man im ersten Moment sagen. Viele und nicht die schlechtesten Köpfe haben sich mit ähnlichen Fragen beschäftigt, haben das Zeitalter der Reproduzierbarkeit und seinen Einfluss auf das Kunstwerk unter die Lupe genommen, haben sich an unterschiedlichen Definitionen versucht, den Glauben an das Original
hochgehalten oder ihn verteufelt. Es würde wenig Sinn machen, auch nur die wichtigsten Positionen in diesem Theoriefeld zu zitieren: Das Angebot ist unüberschaubar.
Geneigte Leserin, geneigter Leser sie haben die Mustertafeln durchgeblättert, haben gar die Anleitung zum Kunstbausatz gelesen – ein Text übrigens, der sich da den Bildseiten
zugesellt. Vielleicht ist er Literatur, von der Art, wie es die unzähligen Gebrauchsanweisungen, Bedienungs- oder Montageanleitungen sind. Man darf das so sagen, weil es um mehr als um den Originaltext eines Autors/einer Autorin geht: Es geht um das Exemplarische. Wie auch in den
Bildern, den Oberflächen, den Schablonen, dem Kleben, dem Verschicken, dem Signieren, dem zu einem Original Machen durch die KünstlerInnen (oder „bloß“ die Kunstermöglicher?).
Aber was ist hier die Kunst im Raum des traditionellen Printmediums? Auf mehreren Ebenen handelt es sich um Simulationen, so scheint es. Details aus Kunstwerken als Blow Ups, mit all den damit verbundenen Konsequenzen wie den Rastern und ihren Überlagerungen, „verherrlichen“ die
Ästhetik der Oberflächen. Diese sind aber nur Material, wenn man der Gebrauchsanweisung folgt, um in Interaktion mit dem Publikum die Gestaltung eines Kunstwerks anzuregen. Ist das Malen nach Zahlen, dem Warhol seine optische Referenz erwiesen hat, ist das Kleben mittels Schablonen nicht der Tod der Kunst? Zumal dann, wenn ich einen in jedem Haushalt vertretenen Automaten, die zuerst tropfende und letztlich röchelnde Melitta-Kaffeemaschine als Motiv vorgesetzt
bekomme? Zuerst überziehe ich das Objekt – nicht einmal sein Abbild, sondern seine Outline- Zeichnung – mit unterschiedlichen Mustern. Dann schicke ich das Bild ein: Es erfährt eine Valorisierung, indem es nummeriert und signiert wird – von denen, die nur die Materialien geliefert, nicht jedoch den Akt der Herstellung übernommen haben. Einmal in Gang gesetzt, hinterlassen diese Handlungsfelder ihre Spuren, nicht zuletzt in den LICHTUNGEN: Die Zeitschrift hat ihre ursprüngliche Form verloren, sie ist zumindest fragmentiert als Träger von Material, das zur Produktion eines Kunstwerks entnommen und weiter bearbeitet
wurde. Ist der verbliebene „Rest“ nicht auch ein Original? Kein Exemplar von den tausend gedruckten Heften wird, der Anleitung zum Handeln Folge geleistet habend, einem anderen
haarscharf gleichen. Mit der Idee, ein Stück vom Ganzen (das reproduzierte Detail eines Kunstwerks) durch ein Medium
zu filtern (diese Kaffeemaschine kommt uns in den Sinn) und dann wieder als Ganzes gepflegt als Kunst zu (re)präsentieren, ersetzt RAM paradigmatisch,
zumindest für einige Momente oder Minuten, die Statik des (Ab)Bilds, in welcher Form auch immer, durch Bewegung in Mehrweg-Kanälen. Dabei spielt das Veröffentlichen in jeder Richtung, vom Öffentlichen ins Private und wieder zurück, vom Atelier in die Zeitschrift, von dort zum Küchentisch mit Schere und Bastelkleber und weiter in den Ausstellungsraum des Ateliers, die entscheidende Rolle: Ein Bau-Satz, der jenseits der Gebrauchsanweisung seine Aussage trifft.
Werner Fenz